Einleitung
Unsere Weltuhr tickt.
Dies ist die CO2-Uhr des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (Stand 01. Dezember 2022). Sie gibt an, wieviel CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden darf, um die globale Erwärmung auf maximal 1,5°C beziehungsweise 2°C zu begrenzen.
Pariser Klimaabkommen
In Artikel 2 Absatz 1 des Pariser Klima-Abkommens wird die globale Erwärmung rechtsverbindlich für alle Staaten auf 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau, mindestens aber deutlich unter 2 Grad begrenzt.
Laut Weltklimarat ist eine solche Begrenzung aber nur umsetzbar, wenn weltweit alle Emissionen in ein bis zwei Jahrzehnten auf null gebracht werden. Gleichzeitig schreibt die globale Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen vor, den Artenverlust zu stoppen und umzukehren. Die EU und Deutschland sind von beiden Zielen meilenweit entfernt. Ab dem 1. Januar 2023 wird daher zunächst in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzt (LkSG) in Kraft treten. Doch das europäische steht schon in den Startlöchern. Hier lesen Sie:
Kurze Zusammenfassung vom deutschen LkSG und welche Unternehme wie davon betroffen sind
Das europäische LkSG und seine Kernherausforderungen für Unternehmen
Welche Pflichten auf die Unternehmen zukommen werden.
LkSG: Die Pflicht zur Transparenz kommt
Das LkSG wird definieren, welche Pflichten Unternehmen bei der Einhaltung des Schutzes von Menschenrechten und Umweltrechten haben, und wird Unternehmen gezielt in die Pflicht nehmen, Risiken und Verletzungen von Menschen- und Umweltrechten entlang ihrer Lieferketten zu identifizieren, zu verhindern, zu beenden oder zumindest zu minimieren.
Strafe in Höhe von bis zu 2%
des Jahresgesamtumsatzes.
Verstoßen Unternehmen nach Inkrafttreten des LkSG gegen dieses, müssen Geschäftsleitungen mit empfindlichen Sanktionen wie etwa eine Einschränkung des Marktzugangs und weitere Rechtsfolgen gegen das Unternehmen sowie Haftungsrisiken rechnen (Strafen in Höhe bis zu 2% vom Jahresgesamtumsatzes)
LkSG (be-) trifft Unternehmen
Das LkSG gilt zunächst ab Januar 2023 für in Deutschland ansässige Unternehmen sowie Unternehmen mit einer Zweigniederlassung gemäß § 13 d HGB mit mind. 3.000 Beschäftigten in Deutschland. Ab Januar 2024 gilt das Gesetz dann für Unternehmen mit mind. 1.000 Beschäftigten in Deutschland.
Trickle Down: LkSG betrifft eine Vielzahl von Unternehmen indirekt.
Die Verantwortung der Unternehmen wird sich nicht nur auf ihre direkten Zulieferer und Partner beziehen. Sondern der Verantwortungsraum erstreckt sich künftig auf die gesamte Lieferkette inklusive auch ihrer mittelbaren Zulieferer! Denn betroffene Unternehmen werden ihre Vertragspartner zu entsprechenden Handlungen und Offenlegungen ihrer Lieferkette verpflichten, um ihren eigenen gesetzlichen Pflichten nachzukommen. Indirekt sind so also allein in Deutschland Zehntausende kleiner und mittlerer Unternehmen betroffen.
Sie sehen, diese Entwicklung wird mitnichten nur eine auserlesene Auswahl von Unternehmen betreffen Denn erstens arbeiten Unternehmen stets in einem Verbund und zumeist globalen Netzwerk. Und zweitens holt das LkSG gerade zum Sprung auf das europäische Podium aus.
LkSG auf Europa-Ebene
Die EU arbeitet bereits an einem übergreifenden Gesetzesentwurf in Europa und wird unterschiedliche nationale Lieferkettengesetze auf ähnliche Standards bringen. Als europäisches Gesetz kann es strenger und konsequenter sein als die nationalen Gesetze wie z.B. das deutsche oder etwa das französische Lieferkettengesetz.
Für welche Unternehmen gilt das EU-Lieferkettengesetz?
Für Unternehmen, die mehr als 500 ArbeitnehmerInnen und einen Umsatz von mehr als 150 Mio. Euro haben.
Wenn sie mehr als 20 Mio. Euro Umsatz in Risikosektoren machen, sinkt die Umsatzschwelle auf 40 Mio. Euro und die ArbeitnehmerInnenschwelle auf 250.
Die Risikosektoren umfassen u.a. Textil, Landwirtschaft, Lebensmittel, Rohstoffgewinnung, Metallverarbeitung. Ausgenommen ist der Maschinenbau.
Für Unternehmen aus Drittstaaten gilt eine Schwelle von mehr als 150 Mio Euro Umsatz im Jahr in der EU (d.h. keine Arbeitnehmerschwelle) oder 40 - 150 Mio Euro Umsatz p.a. in der EU bei mind. 20 Mio Euro in Risikosektoren.
Kein sicherer Hafen
Die so genannte Safe Harbour Klausel hätte vielen Unternehmen gewiss das Leben erleichtern können: Nach dieser wären Klagen bei Verstößen innerhalb der Lieferketten kaum noch möglich gewesen, sobald externe Prüfer den europäischen Unternehmen bestätigt haben, dass ihre Lieferketten einwandfrei sind.
Dieser sichere Hafen kann nun aber nicht angesteuert werden, da der Ministerrat dem Wunsch der deutschen Bundesregierung nach Einführung einer solchen Klausel nicht nachgekommen ist. Im Gegenteil kommt es zu drei massiven Verschärfungen innerhalb des EU-Lieferkettengesetzes:
3 zentrale Verschärfungen
Anders als im deutschen Lieferkettengesetz können Opfer von Menschenrechtsverletzungen auch zivilrechtliche Haftung durchsetzen!
Das EU-Gesetz verpflichtet grundsätzlich alle Zulieferer - nicht nur solche mit einer längerfristig etablierten Geschäftsbeziehung, wie ursprünglich von der EU-Kommission geplant
Im deutschen Lieferkettengesetz kann die Einschaltung von Zwischengesellschaften die Verpflichtungen umgehen. Nach dem Willen der Mitgliedsstaaten ist diese Umgehungsmöglichkeit nun europaweit verschlossen.
Globale Risiken intern händeln
Unternehmen müssen zukünftig einen Nachweis der Umsetzung zahlreicher Maßnahmen erbringen:
Errichtung und Verankerung eines Risikomanagements im Unternehmen: Verankerung klarer Zuständigkeiten innerhalb des Unternehmens zwecks Überwachung
Durchführung Risikoanalyse: Zwecks Identifizierung, Bewertung und Priorisierung relevanter menschenrechtlicher und anderer Risiken
Grundsatzerklärung des Vorstandes über Menschenrechtsstrategie: Kommunikation derselbigen gegenüber internen und externen Stakeholdern
Etablierung Präventationsmaßnahmen: Angemessenen Maßnahmen im eigenen Geschäftsbereich sowie bei unmittelbaren Zulieferern
Ergreifung von Abhilfemaßnahmen: Bei Feststellung einer Verletzung im eigenen Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren Zulieferer
Unternehmensinternen Beschwerdeverfahren: Zur Ermöglichung von Hinweisen auf Menschenrechts- und Umweltrechtsverletzungen
Fortlaufende Dokumentations- und Berichtspflicht: Mit Blick auf die umgesetzten Maßnahmen
Das LkSG wird tiefgreifende Folgen haben, da es in unzählige Unternehmensbereiche hineingreifen und hier Strukturen verändern wird.
Eingebunden sind das deutsche wie das europäische LkSG in die so genannte Kreislaufwirtschaft, die eine wahre Renaissance erlebt. Lesen Sie das Wichtigste:
Quellennachweise und zum Weiterlesen (Stand Februar 2023)
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
Hembach, Holger (2022): Praxisleitfaden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) (CB - Compliance Berater Schriftenreihe). Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH; 1. Auflage.
Jürgens, Max / Harings, Lothar (2022): Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Umsetzung und Auswirkungen des LkSG in der Praxis. Reguvis Fachmedien; 1. Edition.
Grabosch, Robert (Hrsg.) (2021): Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Nomos; 1. Edition.
Falder, Roland / Frank-Fahle, Constantin / Poleacov, Peter (2022): Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Ein Überblick für Praktiker
Springer Gabler; 1. Aufl. 2022 Edition (7. Mai 2022)
BMAS Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
CSR in Deutschland - Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Deutscher Bundestag verabschiedet Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Deloitte: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in der Praxis
Bayerischer Rundfunk: EU-Länder einigen sich grundsätzlich auf Lieferkettengesetz
Die Initiative Lieferkettengesetz: https://lieferkettengesetz.de
Absatzwirtschaft: Nachhaltigkeit in der Lieferkette: Zeit für Gerechtigkeit
Kreislaufwirtschaft
Rau, Thomas / Oberhuber, Sabine (2021): Material Matters: Wie eine neu gedachte Circular Economy uns zukunftsfähig macht | Die Antwort auf die Klimakrise ist die Kreislaufwirtschaft. Econ; 1. Edition
Münger, Alfred (2021): Kreislaufwirtschaft als Strategie der Zukunft: Nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln und umsetzen. Haufe; 1. Auflage
Beckmann, Martin (2022): Kreislaufwirtschaftsgesetz: Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz mit Verordnungen, Abfallverbringungsrecht. beck im dtv; 23. Edition
Europäisches Parlament: Recht auf Reparatur: Für Produkte, die langlebiger und reparierbar sind
VDI: Zirkuläre Wertschöpfung. Werkstoffliches und chemisches Recycling von Kunststoffabfällen
Europäisches Parlament Ökodesign-Richtlinie: Steigerung der Energieeffizienz und Recyclingfähigkeit
BMUV zur Kreislaufwirtschaft: https://www.bmuv.de/themen/wasser-ressourcen-abfall/kreislaufwirtschaft
Europäische Kommission: Circular economy action plan (CEAP): https://environment.ec.europa.eu/strategy/circular-economy-action-plan_en
Europäische Kommission zum neuen Aktionsplan der Kreislaufwirtschaft: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_420
Recyclingnews: EU-Kommission will nachhaltige Produkte zur Norm machen
EUR Lex (Zugang zu den Originaltexten) A new Circular Economy Action Plan:
Umweltbundesamt: Abfall- und Kreislaufwirtschaft
NABU: Kreislaufwirtschaft:
Koalitionsvertrag ZWISCHEN SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN UND FDP: MEHR FORTSCHRITT WAGEN. BÜNDNIS FÜR FREIHEIT, GERECHTIGKEIT UND NACHHALTIGKEIT:
United Nations Global Compact: https://www.unglobalcompact.org/library/205
United Nations Global Compact: Nachhaltigkeit in der Lieferkette:
Deutsche Umwelthilfe: Nachhaltige Lieferketten: https://www.duh.de/themen/natur/naturvertraegliche-landnutzung/nachhaltige-lieferketten/
Europäer Green Deal
BMUV Den ökologischen Wandel gestalten. Integriertes Umweltprogramm 2030.
brand eins Sonderausgabe Der neue grüne Deal Dezember 2020
Bestell-Link: https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2020/unterhaltung/folge-01-ein-pakt-fuer-gesundes-wachstum
Europäisches Parlament Ökodesign-Richtlinie: Steigerung der Energieeffizienz und Recyclingfähigkeit
Europäische Kommission: Der Grüne Deal
Bundeszentrale für politische Bildung: The European Green Deal:
DIHK: Worum geht es beim Green Deal?
Ökodesign-Richtlinie
EUR Lex (Originaltexte): On making sustainable products the norm
Umweltbundesamt: Ökodesign-Richtlinie
Süddeutsche Zeitung, 28. März 2022: Wie die EU Produkte ökologischer macht
Europäisches Parlament Ökodesign-Richtlinie: Steigerung der Energieeffizienz und Recyclingfähigkeit
Sustainable Development Goals (SDG)
BMZ: Die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung
IHK: Die UN Nachhaltigkeitsziele (SDGs) als Maßstab für verantwortungsvolles Unternehmertum
United Nations Global Compact: https://www.unglobalcompact.org
Recycling
BMUV: Kreislaufwirtschaftsgesetz
BMBF (Plastik): WErtschöpfungsketten gestalten
Rohstoffwissen: https://www.rohstoffwissen.org/initiative/rohstoffkreislauf/
Stiftung zentrale Stelle Verpackungsregister: Mindeststandard recyclinggerechtes Design: https://www.verpackungsregister.org/stiftung-behoerde/mindeststandard-21/grundlegende-informationen
Europäisches Parlament: Recht auf Reparatur: Für Produkte, die langlebiger und reparierbar sind
VDI Zentrum Ressourceneffizienz: https://www.ressource-deutschland.de
Recyclingnews: EU-Kommission will nachhaltige Produkte zur Norm machen
Europäisches Parlament Ökodesign-Richtlinie: Steigerung der Energieeffizienz und Recyclingfähigkeit
ESG & Nachhaltigkeitsberichterstattung
Rat der Europäischen Union: Neue Vorschriften für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen: vorläufige politische Einigung zwischen Rat und Europäischem Parlament
Regularien zum Greenwashing
BMUV Den ökologischen Wandel gestalten. Integriertes Umweltprogramm 2030.
Europäische Kommision: Unfair commercial practices directive
Europäische Kommision: Kreislaufwirtschaft: Kommission schlägt neue Verbraucherrechte vor und will Greenwashing verbieten
NKS / Bundesministerium für Bildung und Forschung: EU legt Vorschläge für nachhaltige Produkte vor
Digitaler Produktpass (DPP)
Digtler Produkpass
Europäisches Parlament Ökodesign-Richtlinie: Steigerung der Energieeffizienz und Recyclingfähigkeit
BMUV Der BMU Design-Sprint zum Digitalen Produktpass für die Elektromobilität
Umweltbundesamt Förderung des nachhaltigen Konsums durch digitale
Produktinformationen: Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen
BDI Der „Digitale Produktpass“ auf dem Prüfstand
Recyclingnews: EU-Kommission will nachhaltige Produkte zur Norm machen
DKE Digitaler Produktpass: Förderung der Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft durch standardisierte Daten
Europäische Kommission: Circular economy action plan (CEAP): https://environment.ec.europa.eu/strategy/circular-economy-action-plan_en