Das ausgelagerte Gehirn
So beschrieb der Psychologe Christian Montag das Smartphone in der FAZ: Geht es verloren, bräche bei den meisten von uns blanke Panik aus. "Meine Kontakte!" "Meine Photos und Videos!" "Wie soll ich jetzt meinen TikTok- und Instagram Kanal pflegen?" Ja, im Smartphone steckt viel Leben, viel Intimität. Und wichtig: ganz viel Beziehung zu Anderen. Nicht wahr?
Das kleine Gerät ist für die meisten Menschen zu einer Art digitales Schweizer Taschenmesser in Sachen Selbstdarstellung und Beziehungsbildung geworden. Der Glauben, ja das Vertrauen, das wir dem Smartphone dabei schenken, ist immens. Wir tragen es wie selbstverständlich zu jeder Tag- und Nachtzeit bei uns. Die Anzahl Blicke auf das Display übertrifft bei vielen Menschen mittlerweile die Anzahl Blicke in das Angesicht eines Mitmenschen.
Smartphone als Treiber einer geforderten Nachhaltigkeit
In den Medien lesen wir zunehmend die Warnungen vor der "Droge Smartphone" und der damit verbundenen "Handy-Sucht". Nun ja, laut einer Studie von 2018 verbringen 18- bis 19-Jährige bereits 340 Minuten am Tag online. Tendenz (stark) steigend. Die Bedürfnisse, die uns das Smartphone erfüllt, wachsen kontinuierlich an: Da ist der Drang nach neuen Kontakten bzw. eben schnell mit Freunden in Kontakt kommen oder bleiben. Wir möchten uns absichern, wenn wir was Neues hören. Wir wollen unsere Neugierde sowie unseren Drang, "hinter die Kulissen zu schauen" befriedigen.
Bleiben wir mal beim letzten Bedürfnis. Jahrzehntelang konnten wir nicht wirklich "hinter" Marken und Produkte schauen. Labels und Siegel übernahmen die Aufgabe, uns Informationen zum Produkt zu erzählen. Das Smartphone eröffnete eine neue Welt, und leistete so unserem Bedürfnis, "hinter" Produkte und Marken zu schauen, deutlich Vorschub: Das veränderte Bewusstsein und die Fragen der Konsumenten nach Nachhaltigkeit kommen nicht zuletzt daher, dass wir als Konsumenten mit unserem Smartphone heute alles hinterfragen können.
Die „Mensch-Smartphone-Partnerschaft“ hat eine gleichberechtigte und eigenständige Rolle in unserem Alltag fest eingenommen." Thomas Heid; Ethnograf Ludwig Maximilians Universität München
Das Smartphone ist aus der Sicht „die Waffe der Konsumenten“ Nachhaltigkeitslücken im Unternehmen aufzudecken. Dies sollten Unternehmen aktiv für sich nutzen und über dieses Medium zu diesem Thema die Kommunikation mit der Zielgruppe suchen. Denn:
Nachhaltigkeit wird selbstverständlich
Nicht zuletzt die Omnipräsenz des Smartphone, dieses "überall informieren und reingucken können" hat dazu geführt, dass sie unsere Konsumgesellschaft über die Jahre an immer neue Standards gewöhnt hat: war damals „Qualität“ bei Haushaltsgeräten ein herausragendes Gütezeichen, ist diese heute selbstverständlich. Oder„Sicherheit“ bei Autos: eine reine Selbstverständlichkeit! Und auch mit „Mobil bleiben“ lockt heute kein Telekommunikationsanbieter mehr einen Kunden hinterm Ofen hervor. Und "Nachhaltigkeit" als Marken-Attribut galoppiert ebenso auf einen grauen Platz der Selbstverständlichkeit.
"Verbraucher sehen Nachhaltigkeit zunehmend als Selbstverständlichkeit an und nicht als Rechtfertigung, höhere Preise aufzurufen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen deshalb spätestens jetzt umdenken." Andreas von der Gathen, Co-CEO Simon-Kucher Partners
Nachhaltigkeit ist also kein „Nice to have“ in Kommunikation und Marketing. Sondern wird ein „Must have“ im Denken von zukünftigen Geschäftsmodellen, dessen Auswirkungen auf zahlreichen Unternehmensebenen Konsequenzen haben wird. Viele davon sind heute noch gar nicht auf dem Radar – wie etwa das Employer Branding. Doch sagen Sie selbst:
Wer will heute in einem Unternehmen arbeiten, das mit „Menschenrechtsverletzungen“ in Verbindung gebracht wird?
Und wie schnell haben wir über unser Smartphone nachgeschaut, ob es da schon eine Information drüber gibt...?
Wenn sich ein Unternehmen heute glaubwürdig über Nachhaltigkeit positionieren möchte oder gar muss, ist gut beraten, nicht allein über Nachhaltigkeit zu sprechen. Sondern diese zu zeigen und sich an Resultaten offen messen zu lassen. Nicht ohne Grund war es bei uns im Narravero-Team nie eine Frage, worüber eine neue, glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation zu laufen hat: Über das Smartphone. In keinem anderen Medium sind Menschen so geschult, zu recherchieren.